EBOLA – DAS VIRUS ÜBERLEBEN: Als im Dezember 2013 ein zweijähriger Junge in dem abgelegenen Dorf Meliandou an einer mysteriösen Krankheit stirbt, ahnt niemand, dass er der Auslöser der größten von rund 20 Ebola-Epidemien seit der Entdeckung des Virus in Zentralafrika 1976 sein würde. Bald spricht jeder über das kleine Dorf im Dreieck Guinea, Liberia und Sierra Leone. Am 25. März 2014 geben die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) einen Ausbruch in Guinea mit 86 Kranken und 59 Todesfällen bekannt. Zwei Tage später hat das Virus Conakry, die Hauptstadt von Guinea, erreicht. Kurz darauf meldet Liberia erste Tote, dann auch Sierra Leone. Bis heute (Stand September 2015) zählen die CDC und die World Health Organisation insgesamt 28.287 Erkrankte, 11.309 von ihnen starben. Liberia hat die meisten Toten; es war aber auch das erste Land, das das Virus bislang besiegen konnte. Am 3. September 2015 wurde Liberia offiziell als Ebola-frei erklärt, 42 Tage nachdem kein neuer Fall registriert wurde.

Doch das Leiden ist damit für die Liberianer nicht vorbei. Die Folgen des Ausbruchs werden die Menschen und ihr Land noch auf Jahre beschäftigen. Als Ebola ausbrach, war Liberia nach zwei Bürgerkriegen zwischen 1989 und 2003 auf einem schmerzhaften Weg des Wiederaufbaus. Das Gesundheitssystem brach durch Ebola fast völlig zusammen. Die meisten Krankenhäuser mussten schließen. Routineimpfungen wurden nicht mehr durchgeführt, Infektionskrankheiten wie Masern waren wieder ein großes Problem. Viele Krankenpfleger, -schwestern und Ärzte starben an dem Virus. Auch die Sterberaten für behandelbare Krankheiten stiegen. Schulen und Universitäten blieben monatelang geschlossen. Dort, wo Ernährer gestorben sind, können Schüler und Studenten ihre Ausbildung nicht mehr bezahlen. Sie müssen Geld für ihre Familien verdienen. Die Wirtschaft ist geschwächt. Ausländische Firmen und Minenbaugesellschaften reduzieren ihre Aktivitäten drastisch. Die vorübergehende Schließung der Grenzen zwischen Guinea, Sierra Leone und Liberia brachte den Handel weitgehend zum Erliegen. Dorfbewohner können, unter Quarantäne gestellt, ihre Felder nicht mehr bestellen. Märkte wurden geschlossen. Lebensmittel waren knapp. Auch die psychologischen Folgen sind immer noch verheerend: Überlebende werden stigmatisiert, es herrscht großes Misstrauen gegenüber den Kranken und jenen, die aus Angst nicht halfen. Ganze Dorfgemeinschaften zerbrachen an den Verlusten, der Trauer und der Wut. Für viele Liberianer ist der Ausbruch des Virus schlimmer als Krieg, denn Ebola ist ein unsichtbarer Feind, vor dem man nicht fliehen kann.

Carl Gierstorfer und sein Team haben acht Wochen in Bong County verbracht. Während der Dreharbeiten wurde ihnen von der amerikanischen NGO International Medical Corps unbegrenzter Zugang zum Behandlungszentrum gewährt. Die Menschen aus Bong haben sie in ihre Dörfer gebeten und zu ihren Toten geführt. Entstanden ist unitäres Material, das bewusst die große Geschichte nicht aus der Vogelperspektive erzählt. Denn „Global Health“ ist das, was jeden Tag an den entlegensten Orten passiert. Genau dort beginnt unser Film.