Director’s Note

Ebola ist genauso schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwunden, wie die Hysterie über eine bevorstehende Pandemie im Sommer 2014 aufgeflammt ist. Bis auf wenige Ausnahmen konzentrierte sich die Berichterstattung auf die internationale Hilfsmaschinerie, die anlief, um den „schwarzen Kontinent“ wieder einmal vor sich selbst zu retten. Dabei blieb kein Klischee unbedient. Im Herbst 2014 reiste ich mit der Journalistin Laura Salm-Reifferscheidt auf eigene Faust nach Liberia, um zu verstehen, wie die Menschen dort die Epidemie erlebten.

Was wir dort fanden, war ein Land in einem Ausnahmezustand; eine existenzielle Bedrohung, der keiner entfliehen konnte. Die Dimensionen unseres menschlichen Daseins waren auf unmittelbare Weise greifbar: Ebola zwang Menschen mutig zu sein oder sich zu verstecken. Es tötete wahllos, machte Unschuldige zu Schuldigen und ließ die Menschen – Muslime, wie Christen – an ihrem Glauben zweifeln.

„Wir sollten uns nichts vormachen. In jeder Krise sind es zuallererst die Einheimischen, die die entscheidende Arbeit tun“, mahnte Joanne Liu, die Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. Deshalb waren wir genau dort unterwegs, wo die Front im Kampf gegen Ebola verlief. Internationale Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder das International Medical Corps leisteten wichtige Unterstützung, indem sie die Behandlungszentren errichteten, das Personal ausbildeten und eine Infrastruktur aufbauten. Doch in der Tat waren es die Liberianer selbst, die sich Ebola stellten, die versuchten zu verstehen wie sich das Virus verbreitet und ihr Verhalten dementsprechend änderten. Nur so wurde diese Epidemie beendet.

Wir haben uns dafür entschieden diesen Film in einer Innenansicht zu erzählen, weil Ebola ein Virus ist, das zwischenmenschliche Nähe zu seinem Vorteil nutzt. Es infiziert die, die sich umeinander kümmern, es infiziert Ärzte und Pfleger und jene, die die Toten würdig bestatten. Ebola ist der Spiegel einer Gesellschaft, die sich über Familienzusammenhalt und Traditionen definiert.

Deshalb ist dieser Film den Toten, den Überlebenden und den Helfern in Liberia, Sierra Leone und Guinea gewidmet.

carl CARL GIERSTORFER studierte Biologie am University College London und arbeitete anschließend als Redakteur in der ZDF-Redaktion Naturwissenschaft & Technik.

Seit 2006 realisiert er als Regisseur Dokumentationen und Reportagen für ZDF, BBC, Smithsonian und ARTE. In seinen Filmen versucht Carl Gierstorfer stets komplexe naturwissenschaftliche Zusammenhänge in ihrem historischen und menschlichen Zusammenhang zu erzählen. Carl Gierstorfers letzter Film AIDS – ERBE DER KOLONIALZEIT war im November 2014 auf ARTE zu sehen. Die Scroll Doc zum Thema erhielt eine Webby Award Nominierung. Carl Gierstorfer auf Twitter: @carlgierstorfer